Verbindung von Literatur und Musik
Friedrich Nietzsche schrieb einst „Hüte dich vor der Musik!“. Musik ist sinnlich, verführerisch und in gewissem Maße unheilvoll, weil sie animiert und verleitet. Sinnlich sind auch Worte, gesprochene Klänge, die einen umschmeicheln und mitreißen können. Musik & Literatur – beides sind hochemotionale Medien.
Die Literaturwochen 2023 widmen sich dieser ganz besonderen Wechselbeziehung – der Verbindung von Literatur & Musik. Unter dem Motto: „Ein Lied in allen Dingen“ stehen vor allem der Klang, Rhythmus, das synergetische wie synästhetische Bündnis von musikalischer Sprache und Wortklängen im Mittelpunkt der 32. Magdeburger Literaturwochen.
Lautgedichte, Sprechgesang – wo ist die Grenze zwischen sprachlichen und musikalischen Kompositionen? Debattiert wird in der Forschung darüber hinaus der Ursprung, was war zuerst da? Das Lied in uns – eine Ursprungsmusik oder die Sprache, die alles strukturiert?
Fest steht, Sprache und Musik haben gemeinsame Wurzeln. Beide rühren an, sind anregend, ergreifen und lassen tief empfinden. Vor allem wenn Sprache selbst musikalisch wird – einen Klang hat, in einem Rhythmus fließt, pocht, schwingt.
Subsumiert werden unter dem nächsten Motto Biografien von Musikerinnen und Musikern; Romane, in denen diese als Figuren auftreten; Werke, die als Bekenntnis für die Faszination von Musik gelesen werden können und in denen Musikalisches thematisch oder stilistisch im Vordergrund steht. Lyrische Formate, Poetry Slams, experimentelle Literatur (DADA), musikalisch-literarische Revuen – sowie inhaltliche Themen von, über und mit Musik finden ihren Platz innerhalb der Hitliste der Literaturwochen 2023.
Mit diesem Thema werden zudem nicht nur verlässliche Partner(-Einrichtungen) der vergangenen Jahre wieder ins Boot geholt, sondern auch die Möglichkeit gegeben, neue Brücken zu schlagen – hinsichtlich andersartiger Literatur-Konzepte und Formate und damit auch im Hinblick auf neue kulturelle Zusammenschlüsse.
Brücken sollen aber auch hin zum Publikum geschlagen werden, vermittels eines Aufrufes: In welchen eurer alltäglichen Dinge verbirgt sich ein Lied? Schreibt uns und lasst die Worte klingen!
Für weitere Informationen im Internet auf www.literaturhaus-magdeburg.de vorbeischauen.
Das Programm: Lesungen, Gespräche, Musik und Begegnungen
6. September | 19.30 Uhr
Theater an der Angel
Offizielle Eröffnung & anschließend spielen Ines Lacroix und Mathi Engel „Anna Blume oder der Ton macht die Musik”
Eine Einladung von Bibliothekar Carl Sammel, wer kann die schon ausschlagen? Nachdem er Frau Blume den Aufstieg in Thalias Welten ermöglicht hat, ist es recht einsam um ihn herum geworden. Wenn sie doch nur zurückkäme. Er entwickelt einen Plan, lädt sich Gäste ein, um eine Hymne auf das Glück zu intonieren. Musik verbindet, erklärt mit und ohne Worte, macht Begegnungen möglich. Er arrangiert ein Zusammentreffen von Harmonischem und Disharmonischem, Ebenholz und Elfenbein, Last und Lust, Kameliendame und Bremer Stadtmusikanten. Ob Anna da widerstehen kann? – Lassen auch Sie sich locken von völlig undramatischen Erzählungen aus dem Reich der Bücher, die durch die Darstellung von Herrn Sammel zur ganz neuen Wiedergabe gelangen, schließlich macht der Ton die Musik.
Eintritt: 27,50 Euro, ermäßigt 22,50 Euro
8. September | 19.00 Uhr
Literaturhaus Magdeburg
Vernissage zu Ostberlin-Westberlin; Musik und Politik in den 70er und 80er Jahren (Sonderausstellung bis zum 27. Oktober)
Anlässlich der Ausstellungseröffnung werfen wir einen Blick in die Musikszene der 70er und 80er Jahre. Wir kommen ins Gespräch mit Musikern und Akteuren dieser Zeit – Christian Rau, Kinderliedermacher und Sänger aus Berlin und Micha Höft (Oktoberklub). Moderiert wird der Abend von Kerstin Reibold, Geschäftsführerin des Gröninger Bads.
Der Eintritt ist frei.
13. September | 19.00 Uhr
Feuerwache Magdeburg
MAGNETIZDAT DDR. Magnetband-Untergrund Ost 1979-1990: Ronald Galenza und Alexander Pehlemann stellen ihr Buch im Gespräch mit Annett Gröschner vor
Im letzten Jahrzehnt der DDR fanden Punk und seine experimentellen Verästelungen in Post-Punk, New Wave, Elektronischer Musik und Avantgarde-Rock und -Pop auch in dem stillen Land ihre Hörer. Wer hörte, wollte oft auch mehr: „Magnetizdat DDR” erzählt, wie aus Konsumenten Produzenten wurden und DDR-weit eine sich selbst verlegende Kassettentäter-Szene entstand, der Magnetbanduntergrund. Beziehungsweise ein Magnetizdat, in Ableitung von Samizdat und Tamizdat in der sowjetischen Gegenkultur. Hier wie dort, in Ost wie West, war dabei Multimedialität das Gebot der Stunde. Literaten ließen sich von Bands befeuern, Musiker entdeckten Barock- und Experimental-Lyrik, Super-8-Filmer und bildende Künstler griffen zum Mikrofon, und es entstand ein Geflecht, das international renommierte Band- und Labelprojekte wie Tarwater, To Rococo Rot und Raster-Noton hervorbrachte.
Eintritt: 10 Euro
15. September | 18.00 Uhr
Gesellschaftshaus Magdeburg
Konzertlesung mit Vernissage – Joonas Sildre: Zwischen zwei Tönen. Aus dem Leben des Arvo Pärt mit Maximilian Murmann und Marius Moritz (Sonderausstellung bis zum 14. Oktober)
Die Graphic Novel (Voland & Quist, 2021) verfolgt den Werdegang des weltberühmten Komponisten von seiner Kindheit im okkupierten Estland bis 1980, als er auf Druck der sowjetischen Regierung mit seiner Familie nach Wien emigrierte. Auf Grundlage jahrelanger Recherchen zeichnet der estnische Comickünstler Joonas Sildre in kurzen Episoden das stimmungsvolle Portrait eines bescheidenen, rastlosen Künstlers, der auf der Suche nach Sinn und einer eigenen Musiksprache nicht die Konfrontation mit der Staatsmacht scheute. Joonas Sildre hat sich dazu eines besonderen Stils bedient, um eine Synthese zwischen Musik und graphischer Umsetzung zu erreichen. „Zwischen zwei Tönen“ wurde 2018 anlässlich der Eröffnung des Arvo-Pärt-Zentrums in Laulasmaa/Estland veröffentlicht und inzwischen mehrfach ausgezeichnet.
Eintritt: VVK 12, AK 15 Euro
16. September | 20.00 Uhr
Moritzhof Magdeburg
Tobias Friedrich: Der Flussregenpfeifer, musikalische Begleitung Francesco Wilking
Ulm, im Mai 1932: Mit kaum mehr als etwas Proviant und dem kühnen Plan, nach Zypern zu paddeln, lässt Oskar Speck sein Faltboot zu Wasser. In sechs Monaten will er zurück sein. Aber alles kommt anders. Gepackt von sportlichem Ehrgeiz, begleitet von Jazz und Mark Twains weisem Witz, gejagt von den Nationalsozialisten, die aus dem Faltbootfahrer einen deutschen Helden machen wollen, fährt der schweigsame Einzelgänger von Zypern aus immer weiter. Ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Gili, die sich, wie er, den Widrigkeiten der Zeit entgegenstellen muss. Doch das Schicksal gibt Oskar eine letzte Chance… „Der Flussregenpfeifer”, Tobias Friedrichs literarisches Debüt, basiert auf der wahren Geschichte Oskar Specks, der über sieben Jahre mit seinem Faltboot 50.000 Kilometer zurücklegte.
Eintritt: VVK 10, AK 12 Euro
21. September | 19.30 Uhr
Schauspielhaus Magdeburg
Sven Regener & Andreas Dorau: Die Frau mit dem Arm. Es lesen Andreas Dorau & Gereon Klug
Eine bessere Künstlerkombi als das Literatur-Duett Dorau-Regener ist kaum denkbar: Andreas Dorau, der Meister der Exzentrik, der Erfinder von Photoshop bevor es Photoshop gab, Überraschungsdenker im Tonstudio, der ewige Pop-Geheimtipp zwischen Elektrobeats, genialen Textideen und penetranten Ohrwürmern auf der einen Seite und der ebenso melancholische wie wütende Schriftsteller und Musiker Sven Regener, der Meistererzähler der Kreuzberg-Universen, wie es sie überall auf der Welt gibt. Das Ergebnis: Ein Abenteuerroman über Doraus Reisen durch die Welt des Pop von den Nullerjahren bis in die Gegenwart, gespickt mit frischen Ideen am Fließband über Kunst, Kulturindustrie und die Abgründe und Klippen des sogenannten Lebens, die man als Künstler am besten mit einem Feuerwerk von Witz und Eigensinn umsegelt… Bester Stoff für eine selbst gebastelte Leseshow, in der Andreas Dorau und Gereon Klug auftreten. Mit Worten und Bildern, mit Filmen und Devotionalien, Beifall und Streit.
Eintritt: 20 Euro
22. September | 19.30 Uhr
Gröninger Bad
Lesung/Talk/Konzert: Metallischer Dreiklang mit Nikolai Okunew (Autor: Red Metal), Jan Kubon (Podcaster: Iron East) und der Band roar! machine
Magdeburg war in den 80er Jahren nicht nur Zentrum des Schwermaschinenbaus, sondern auch des schweren und lauten Rock´n Rolls. Ein guter Grund für die Magdeburger Literaturwochen sich auf musikalische Entdeckungsreise zu begeben. Einen ganzen Abend wird es um die Subkultur der Heavy Metal Szene in der DDR gehen. Der Autor und Pophistoriker Nikolai Okunew wird aus seinem Szenebestseller „Red Metal – Die Heavy Metal Subkultur in der DDR“ lesen. Musikjournalist und Podcaster Jan Kubon stellt in kurzen Ausschnitten und Tondokumenten den erfolgreichen Podcast „Iron East Heavy Metal in der DDR“ vor und wird den Abend moderieren. Den Soundtrack dazu bietet die Band roar! machine aus Schönebeck. Eintritt: VVK 12, AK 15 Euro
25. September | 19.30 Uhr
Bücherkiste Peter Sodann
Herbert Karl von Beesten: Der, der zwischen Texten und Sprechgesang gratwandelt! Szenische Lesung mit Texten aus der Bücherkiste und eigenen Texten
Neben aktuellen Themen wie die Intel-Ansiedlung, stellt ‚Herbert Karl von Beesten‘ in szenischer Form einige seiner „Klassiker“ verschiedener literarischer Genres vor. Er geht auf literarische Spurensuche in Texten zu früheren gesellschaftlichen Transformationen, wobei ihm neben DDR-Autoren wie Heinz Kruschel, Erich Weinert und Autorinnen wie Christa Wolf auch die in DDR-Verlagen publizierten ausländischen Autoren als Quellen dienen – Überraschungen über neu entdeckte literarische Fußabdrücke inbegriffen. Das Motto der Magdeburger Literaturtage „Ein Lied in allen Dingen“ findet sich im einen oder anderen Sprechgesang wieder.
Eintritt: VVK 6, AK 8 Euro
27. September | 19.00 Uhr
Atrium des MVZ „Im Altstadtquartier“
Bernd Kaufholz und das Saxofon Quintett „KONsaxtett“: Krimicouch
Willkommen sind alle, die einen spannungsreichen Abend in besonderer Atmosphäre erleben möchten – mit Journalist und Autor Bernd Kaufholz und dem Saxophonquintett „KONsaxtett“ (Jessica Preiß, Beate Brinkers, Niklas Lill, Christian Döhler unter Leitung von Thomas Walter Maria). Bernd Kaufholz hat authentische Kriminalfälle unserer Region in literarische Form gebracht – die spektakulärsten davon wird er präsentieren. Nervenkitzel verspricht die Lesung mit dem musikalischen Gegenpart. Das „KONsaxtett“ hat hierfür stimmungsvolle Arrangements berühmter Soundtracks im Repertoire.
Eintritt: 15 Euro, Karten gibt es in der Buchhandlung „Fabularium“
5. Oktober | 19.30 Uhr
Stadtbibliothek Magdeburg
Vlady Bystrov und Heinz-Dieter Vonau: Gottfried Benn – die Zeit im Rhythmus immer wiederkehrender Beliebigkeiten
Benn, Geist der City, synkopischer Rhythmus im faszinierenden Aufruhr der Sprache. Ein Mediziner seziert seine Umwelt bis ins kleinste Detail, analysiert das menschliche Verhalten bis auf den Grund des trüben Bodens. Bringt Licht in dunkelste Ecken, zu geistiger Klarheit reifend. Das Gesetz seiner Dichtung: rhythmische Bewegung, ausgewogen im Sinn der entstehenden Klangfarben. Manche seiner Wortkreationen können zunächst befremden, geht man durch sie hindurch, findet man sich am Ende beglückt wieder.
Eintritt: VVK 6, AK 8 Euro
6. Oktober | 19.00 Uhr
Stadtbibliothek Magdeburg
Lesekonzert mit Torsten Olle und Wolfram Hille: Bob Dylan ON THE ROAD – FOREVER YOUNG
Bob Dylan hat nie ein Comeback gebraucht, er war immer da. Torsten Olle und Wolfram Hille präsentieren Impressionen von vielen Konzerten mit Dylan, ein höchst vergnügliches Interview und natürlich jede Menge unverwechselbarer Songs. Dylan hat nie getan, was seine Fans von ihm erwartet haben. Wollten sie den Protestsänger, bekamen sie den Rockmusiker, kaum an diesen gewöhnt, sang der Countrysongs mit Johnny Cash, um zehn Jahre später mit christlicher Erweckungslyrik anzuklopfen und mit 75 Jahren als Frank Sinatra wiedergeboren zu werden. Und dann dieser Nobelpreis…
Eintritt: VVK 6, AK 8 Euro
10. Oktober | 19.00 Uhr
Literaturhaus Magdeburg
Ann Stowasser: Wir werden Helden sein
West-Berlin, 1980: Zwischen Musik und Liebe sucht eine junge Frau ihren Weg. Als ihr Freund Robert aus der Münsterländer Provinz nach West-Berlin geht, wirft die behütete Jenny ihre Pläne fürs Lehramtsstudium über Bord und folgt ihm. Statt der großen Liebe erlebt sie jedoch einen Berliner Alltag mit Klo auf halber Treppe, Punks und einem rauen Ton, der bald auch zwischen ihr und Robert herrscht. Aber dann beginnt sie, die Freiheit der Kreuzberger Nächte zu entdecken und den neuen Sound, der überall zu hören ist. Und sie merkt, dass sie genau am richtigen Ort ist, um das zu machen, was sie schon immer wollte – Musik.
Eintritt: VVK 8, AK 10 Euro
12. Oktober | 20.00 Uhr
Feuerwache Magdeburg
Sascha Lange: Lesetour Depeche Mode - Live
Sascha Lange stellt das neue, große, umfassende Buch Depeche Mode LIVE vor. Eine unterhaltsame Lesung voller Geschichten aus mehr als 40 Jahren Bandgeschichte, mit vielen Bildern.
Eintritt: 16 Euro
13. Oktober | 19.30 Uhr
Forum Gestaltung
Nikola Materne, Christiane Hagedorn und Martin Schulz präsentieren: Her Song
Eine musikalisch-theatralische Hommage an berühmte Songwriterinnen, kreative Musikerinnen, charismatische Persönlichkeiten, kämpferische Frauen, fantasievolle Künstlerinnen wie Björk, Nina Hagen, Lady Gaga, Abbey Lincoln und Judith Holofernes.
Eintritt: VVK 12, AK 15 Euro, ermäßigt 10 Euro
13. Oktober | 19.30 Uhr
Cafeteria der Sparkasse MagdeBurg
Die Höflichen Musiker:innen
Mit geladenen Kulis und spitzen Zungen möchten die Künstler:innen dem Publikum ihre Texte zu Gehör bringen, zum Lachen, Träumen und Nachdenken anregen – oder in die Welten der Poesie entführen. Es lesen: Sandy Gärtner, Jessica Denecke, Leonard Schubert und Lars Johansen.
Eintritt: VVK 6, AK 8 Euro
14. Oktober | 20.00 Uhr
Moritzhof Magdeburg
Abschluss der 32. Magdeburger Literaturwochen – Dirk von Lowtzow: Ich tauche auf
Nach seinem gefeierten Debüt „Aus dem Dachsbau” erzählt TOCOTRONIC-Sänger Dirk von Lowtzow von einem Jahr des äußeren Stillstands und des inneren Aufruhrs. Er inspiziert die Kunst- und Kulturszene im Stillstand, ein Leben ohne Publikum, flüchtet sich aufs Land, streunt über Wiesen, folgt dem Zufall und findet Wahrhaftiges. Er kartiert Wünsche, kämpft gegen Dämonen und sucht Trost in Kunst, Literatur, Filmen. Während die Außenwelt auf wenige Orte reduziert wird, spielen sich zwischen den Fugen und Ritzen seiner Wohnung wahre Phantasmagorien ab. Was den Anschein eines Tagebuches hat, verwandelt sich in so heitere wie melancholische, in so präzise wie poetische Literatur.
Eintritt: VVK 20, AK 24 Euro
Sofern nicht anders erwähnt, gibt es Karten an den jeweiligen Veranstaltungsorten bzw. im Literaturhaus, Reservierungen unter info@literaturhaus-magdeburg.de, weitere Auskünfte unter Tel. (0391) 40 44 995
* Änderungen im Programm vorbehalten *
Seite 16-17, Kompakt Zeitung Nr. 239